Unser Heimatdorf Reuth unter Neuhaus:
Das Dorf Reuth unter Neuhaus, am Fuße des fränkischen Juras, liegt 11 km nordöstlich der Stadt Weißenburg und 2,5 km südlich des Heidecker Schlossbergs auf 475 m Meereshöhe.
Den Namen “Reuth” hat der Ort auf Grund seiner Rodung aus dem Wald des Albvorlandes erhalten. In früheren Zeiten findet sich der Name “Reuth” überwiegend allein, während später zunehmend “unter Neuhaus” hinzutritt. Der Zusatz wurde wohl zur Unterscheidung von den in der Nähe liegenden Rodeorten gleichen Namens wie zum Beispiel “Engelreuth”, “Rabenreuth” oder “Reuth am Wald” notwendig.
Auf die Frage nach der Gründung des Ortes gibt es keine präzise Antwort. Unbeschadet dessen lässt sich die Gründungszeit wohl um das Jahr 1200 oder das erste Viertel des 13. Jahrhunderts festlegen.
Genau 1 km südlich des Dorfes, auf einem durch den Gallasbach vom Jura abgespaltenen Bergsporn, erhob sich einst die Burg “Neuhaus”, die den Herren von Ehenheim gehörte. Über die Art der Burg und die Zeit ihrer Erbauung ist so gut wie nichts bekannt. Anfang des 16. Jh. scheint die Burg infolge ihrer unzugänglichen Lage und des geringen dazugehörigen Besitzes aufgegeben worden und verfallen zu sein. Heute existiert nur noch der tiefe Halsgraben, der den Bergsporn vom Jura trennt. Von den einstigen Bauwerken ist nur noch der ausgegrabene Grund eines alten Fundaments zu sehen . Es wird von mächtigen Buchen überschattet. Zum ehemaligen Burgstall führen beschilderte Wanderwege. Zusätzlich wurden im Jahr 2007 Informationstafeln am Bodendenkmal aufgestellt.
Nach dem 30-jährigen Krieg nahmen die Nebenbeschäftigungen der Bauern zu. Vielleicht war es den zugewanderten Exulanten zuzuschreiben, die größtenteils ein Handwerk erlernt hatten. Die Söhne übten in den meisten Fällen das selbe Handwerk aus wie die Väter.
1940/41 wurde auf der Wurzel (höchstgelegener Punkt des Dorfes) ein neues Gemeindehaus erbaut. Es enthielt eine kleine Wohnung und einen Stall für den Zuchtstier der Gemeinde. Da die Bauern zur künstlichen Besamung übergingen, wurde die Zuchtstierhaltung 1963 abgeschafft. 1966 wurde der Stall zu einem Jugendheim umgebaut. Die Wohnung ist seit 1968 an den Jagdpächter vermietet. Nachdem die Landjugend 2005 nach 38 Jahren nach Ettenstatt umgezogen ist, wurde das Gebäude mit einem Anbau versehen und dient nun als Feuerwehrgerätehaus mit Schulungsraum.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Reuth von einer Flüchtlingswelle getroffen. 1946 trafen insgesamt 50-60 Personen ein. Nur wenige siedelten sich am Ort an. Die meisten waren bis 1956 wieder verschwunden. Durch die Flüchtlingswelle konnte im Dezember 1952 die Schule im Dorf wieder geöffnet werden. Dabei standen 7 einheimischen Kindern 9 Flüchtlingskinder gegenüber.
Die Bereinigung der 399 ha umfassenden Reuther Flur wurde am 2. Juni 1969 angeordnet, um damit Produktions- und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Bestandteile des Flurbereinigungsverfahrens waren u. a. wegebauliche, wasserwirtschaftliche und bodenverbessernde Maßnahmen. 455 verlegbare, landwirtschaftlich genutzte Besitzstände wurden zu 64 neuen Besitzständen zusammengelegt. Die Gesamtkosten betrugen in Reuth unter Neuhaus 1 275 000 DM.
Die Dorfkirche St. Marien:
Die Kirche St. Marien zu Reuth unter Neuhaus ist “unseren lieben Frauen” geweiht. Dieses Marienpatrozinium ist durch die folgenden Jahrhunderte immer wieder urkundlich belegt. Daneben findet sich in der Literatur aber auch St. Rupert als Kirchenpatron, leider nie mit Quellenangaben. Die Kirchweih von St. Marien wird traditionell am Sonntag nach Mariä Geburt (8. Sept.) gefeiert. Im Mittelpunkt steht hierbei der Kirchweihfestgottesdienst, den Pfarrer Joachim Piephans hält. Im Anschluss daran spielt der Posaunenchor Volkslieder auf dem Dorfplatz.
Es wird angenommen, dass um 1480 der Grund der heutigen Kirche gelegt wurde. Zumindest der Turm mit seinem spätmittelalterlichen Untergeschoss stammt aus dieser Zeit. Sein mit einem Kreuzgewölbe abschließendes Erdgeschoss und den ehemals sehr kleinen Fenstern diente schon immer als Chor mit Altar und Sakramentshäuschen. Den Zugang zum Langhaus her bildet ein breiter, hoher Sandsteinspitzbogen. Das kurze, von Westen her an den Turm anschließende Langhaus ist seinen Proportionen und den früher vorhandenen Spitzbogenfenstern nach ebenfalls damals entstanden. Seine Eingangstür war in alter Zeit in der südlichen Längswand. Zum Turm kommt man auch heute nur über den Dachboden des Langhauses. Von ihm führt durch die Turmmauer eine niedrige, schmale spitzbogige Tür in sein erstes Obergeschoss. Auch die Ringmauer, die zusammen mit dem Turm der Kirchenanlage Wehrcharakter verleiht, ist spätestens zusammen mit dem steinernen Gotteshaus entstanden.
Im Frühjahr 1747 wurde eine große “Kirchenreparation” vorgenommen, die sich als eine Renovierung an Haupt und Gliedern herausstellte. Sie zog sich bis Ende 1784 hin. Die alte Grundmauer wurde von Grund auf neu errichtet, die Sakristei wurde abgerissen und vollig neu erbaut, der Fußboden höher gelegt und neu gepflastert, alle Fenster und Türen durch neue ersetzt und über der Kirchentüre ein Wappenstein eingelassen. Er zeigt das Ansbacher schwarz-weiße Gefiertwappen mit der Jahreszahl 1784 und der Unterschrift RENOVIERT. Als Überschrift steht die Abkürzungs-Buchstabenfolge für Carl Wilhelm Friedrich Marktgraft Zu Brandenburg. An der Südwand findet eine Sonnenuhr aus Solnhofer Kalkstein ihren Platz. Die augenfälligste Änderung bringt die Umgestaltung des Turms mit sich. An Stelle der alten Turmspitze und der vier Giebel tritt ein achteckiges Geschoss mit eingezogenem Grundriss. Auf dieses Geschoss wird ein entsprechender Turmhelm gesetzt, der anfangs eingekehlt ist und in einer Zeltspitze mit Helmstante, Kopf und Wetterfahne ausläuft, so, wie wir ihn heute noch sehen.
Auf Betreiben von Georg von Ehenheim wurde ca. 1544 der Kirchhof zum Friedhof geweiht. 1956 wurde der Friedhof erweitert, im Jahr 1973 die Aussegnungshalle gebaut, 1998 das historische Kirchhoftor instandgesetzt. Auch der Reuther Gottesacker ist in kirchlicher Trägerschaft.
Zu Beginn der Amtszeit von Pfarrer Rudolf Schuster wurde die Kirche 1950/51 außen, 1962 innen renoviert. Von 1985 bis 1987 musste eine grundlegende Generalsanierung der St. Marien-Kirche durchgeführt werden. Dabei erhielt die Kirche einen schmiedeeisernen Kronleuchter und der Taufstein eine Taufsteinkrone.
Das Turmdach war ein großes Sorgenkind. 1986 wurde es neu eingedeckt, 1996 erneut repariert und im Jahr 2006 musste das Turmdach aufgrund von eindringendem Wasser wieder neu eingedeckt werden. Dabei wurde zuvor der historische Dachstuhl in mühevoller Handarbeit saniert. Die Turmfassade wurde verpresst, neu verputzt und gestrichen.. Im Frühjahr 2007 wurden die Fenster und Türen neu gestrichen. Auch das Kirchenschiff erhielt einen neuen Anstrich.
Die heutige Orgel stammt aus dem Jahr 1892 und wurde von der Firma Sieber in Holzkirchen/Ries gefertigt. Der Altar ist aus dem Jahr 1700; das Altarbild, vormals eine Kreuzigungsszene, wurde 1822 durch ein Motiv ersetzt, in dem Jesus den Jüngern das Vermächtnis von Wort und Sakrament anvertraut. Die Kanzel wurde 1675 vom ortsansässigen Wagner Hanns Reichentaler gestiftet.
Jeweils links und rechts vom heutigen Friedhofswesteingang befinden sich zwei alte Grabtafeln. Die Steine wurden bei der Verlegung des ehemaligen Südeingangs zum Friedhof zum heutigen Haupteingang gefunden, wo sie dort mit der Rückseite nach oben als Treppenstufen Verwendung gefunden hatten.
Die Kirche besitzt derzeit vier Bronzeglocken: Die große Marienglocke (eine der historischen) wurde um 1480 von der Nürnberger Gießhütte der Familie Glockengießer gegossen. Sie hat einen Durchmesser von 103 cm; eine Höhe von 85 cm. Die Schulterinschrift zwischen Zinnen- und rundbogigem Kleeblattbogenfries mit Kreuzblumen (Ankerkreuz): “Gegrüßet sei Maria voll der Gnade der Herr ist mit dir, du gebenedeite unter den Frauen”. An den vier Seiten befindet sich je ein eingegossenes Relief: Kreuzigungsgruppe, Hl. Katharina, Hl. Theodul als kniender Bischof mit Glocke und der Hl. Stephanus mit Stein. Die kleine Glocke wurde von Cristof Glockengießer aus Nürnberg 1571 mit einem Durchmesser von 80 cm und einer Höhe von 66,5 cm gegossen. Schulterinschrift: “Zu Gottesdiensten gehor ich Cristof Glockengießer zu Nurmberg gus mich 1571.” Im Jahr 1990 wurden zwei weitere kleine Bronzeglocken angeschafft.
Bis zur Gebietsreform 1973 bildete Reuth unter Neuhaus eine eigenständige politische Gemeinde. Seitdem gehört Reuth unter Neuhaus zur Gemeinde Ettenstatt